Norbert Gstrein: „Der zweite Jakob“
Veranstaltungsdatum: Mo, 13.11.2023 // 19:00 Uhr
Kategorie: Lesung & Gespräch
Reihe: Grundbücher der österr. Literatur seit 1945
Lesung: Norbert Gstrein: Der zweite Jakob
Vortrag: Carsten Otte
Anschließend im Gespräch mit Klaus Kastberger
Norbert Gstrein ist ein eleganter und anspruchsvoller Stilist: Seine Sätze können sich über halbe Seiten erstrecken, dennoch sind sie klar und präzise. Er ist ein Meister der „langen Oder-Sequenzen“, weil er einfachen Wahrheiten misstraut, weil seine schriftstellerische Passion auch darin besteht, die meinungsstark auftretenden Erzählinstanzen zu demontieren. Gstrein ist ein intellektueller, dabei humorvoller und zugleich sinnlicher Autor, der zwischenmenschliche Untiefen mit gesellschaftlichen Fragestellungen zu verbinden weiß.
Zentral in Gstreins Werk ist sein Roman „Der zweite Jakob“, weil es hier nicht nur um ein wichtiges Thema, nämlich ums würdige Älterwerden, sondern auch und vor allem um Kernfragen zeitgenössischer Literatur geht: Wie lässt sich eine Biografie ohne Larmoyanz erzählen, wie verhalten sich Erzähler-Ich und Ich-Erzähler zueinander und welchen Wahrheitsgehalt kann Prosa reklamieren, die sich nicht zwischen „Authentizitäts- und Fiktionalitätsbehauptung“ entscheiden möchte? Mit „Der zweite Jakob“ kehrt Gstrein auch zu seinen literarischen Anfängen, nämlich seiner Erzählung „Einer“ und damit zu einer Tiroler Kindheit zurück, die vom Hotel- und Skibetrieb der Eltern, vom rücksichtslosen Willen zum wirtschaftlichen Erfolg und vom Ausschluss unberechenbarer Lebensläufe geprägt war. Oder handelt es sich hierbei doch eher um Projektionen im literarischen Rückspiegel? „Der zweite Jakob“ ist ein Grundbuch der österreichischen Literatur seit 1945 – und noch viel mehr. (Carsten Otte)
In Kooperation mit Alte Schmiede Wien und StifterHaus Linz